Renovierung der Veranda der Villa Mutzenbecher – Hamburger Klempnerberufsschüler haben mitgewirkt
Verwunschen im Niendorfer Gehege liegt die Villa Mutzenbecher. Der Wald ist längst über den Park hinweg gewachsen, der die Jugendstilvilla einst umgab. Sonntagsausflüglern, Joggern und anderen Besuchern des beliebten Hamburger Naherholungsgebiet erschien das über 100 Jahre alte Landhaus wie in einen Dornröschenschlaf versunken, dessen Abriss in letzter Minute verhindert werden konnte.
Die Hamburger Finanzbehörde als Eigentümerin der sanierungsbedürftigen Immobilie wollte die anstehenden Kosten für eine Instandsetzung nicht aufbringen und man dachte über einen Abriss nach.
Rettung in letzter Minute kam für die Villa Mutzenbecher, als der Bezirk, die Finanzbehörde und das Denkmalschutzamt Ende 2012 ein Interessensbekundungsverfahren auslobten, um doch noch einen Nutzer für das Haus zu finden. Weil das Konzept vom Verein „werte erleben“ überzeugte, bleibt das Denkmal erhalten. Der Verein hat die Villa für einen geringen Betrag langfristig gemietet und erklärte sich bereit, das Gebäude zu restaurieren.
Der Verein setzt sich für die denkmalgerechte Instandsetzung und möchte dabei Jugendliche mit ungünstigen Startchancen sowie Flüchtlinge, die in die kooperierenden Schulen aufgenommen wurden, in Ausbildung vermitteln. Die an der Instandsetzung beteiligten Baufirmen sind ausbildende Innungsbetriebe, die bereit sind, Praktikumsplätze zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus sieht das Konzept eine Kooperation der beteiligten ortsansässigen allgemeinbildenden Schulen mit 4 beruflichen Schulen und den Studierenden der Fachbereiche Architektur und Bauingenieurwesen der HafenCity Universität vor.
Am 24. Mai 2019 wurde die riesige, sanierte Veranda der Villa Mutzenbecher samt oberem Balkon eingeweiht.
Es sprachen Landesdenkmalpfleger Andreas Kellner, Landesschulrat Thorsten Altenburg-Hack und Andreas Reichel, Vorstand des Vereins „werte erleben“ vor vielen Gästen und vor allem den Mitwirkenden.
Die Berufliche Schule Anlagen- und Konstruktionstechnik (BS 13) hat sich mit 12 Klempnerauszubildenden des zweiten und dritten Ausbildungsjahres und ihrem Klassenlehrer Detlev Köster beteiligt:
Nachdem die alte bituminöse Dachhaut entfernt wurde, planten die Schüler die Dachentwässerung sowie den neuen Aufbau der Terrassendachabdichtung und setzten diese um. Abschließende Arbeit war die Realobjektschulung mit Flüssigkunststoffabdichtung der Geländerpfosten mit dem Leiter Anwendungstechnik der Firma Widopan, Gernot Harms.
Während Schule meist (handwerkliche) Wirklichkeit auf DIN A 4 Format zu bringen versucht, bestenfalls handlungsorientiert, bot sich hier die einzigartige Möglichkeit, an einem realen Objekt ganzheitlich zu lernen: Planung, Durchführung, Kontrolle und Bewertung der eigenen Tätigkeiten in enger Absprache mit dem Bauherrn, den Architekten und dem Denkmalschutz. Dabei wurden die Lernfelder 6 („Anlagen zur Ableitung von Niederschlagswasser nach Kundenauftrag planen, anfertigen und montieren“) und 8 („Die S. besitzen die Kompetenz, verschiedene Dachformen mit nicht metallischen Werkstoffen nach vorgegebenem Auftrag zu decken“). Neben dem fachlichen Lernzuwachs war es vor allem persönliche und soziale Zuwächse, die folgende Fragen kurz umreißen: Wer bringt welche Erfahrung mit? Wer möchte welche Tätigkeit übernehmen? Wer fühlt sich verantwortlich? Wie gehen wir mit Konflikten um? Wie verhalten wir uns, wenn es nicht für alle etwas zu tun gibt? Warum geht es in der Firma schneller? Wieso ist der sonst so zurückhaltende Schüler hier auf einmal so engagiert?
Das übersichtliche Bauvorhaben, die Unterstützung der Schule und der Schulleitung, der ermöglichende Ansatz des Vereis ließen diesen Unterricht zu einem vollen Erfolg werden.
Die Klempner aus der Hamburger Berufsschule BS 13 freuen sich auf einen weiteren Bauabschnitt, bei dem sie lernen und helfen dürfen.
Tausend Dank an Linda, Cynthia, Phillip, Leander, Tom, Malte, Dario, Lucas, Daniel, Tikhon, Jerry und Brandon!